tanz unplugged

Das Projekt Tanz unplugged hat sich zum Ziel gesetzt ein pandemiegerechtes Tanzformat zu entwickeln, welches ohne den digitalen Raum funktioniert.

Als wegbereitend galt die Ausweitung des choreographischen Horizontes; Bild und Text sollten zum zentralen Element eines performativen Prozesses gemacht werden. Wunsch war es, etwas Haptisches zu entwerfen, das greifbar und somit körperlich erfahrbar bleibt. Etwas, das Berührung und Zwischenmenschlichkeit auch über gegebene Distanzen transportiert.

 

Es enstand die Idee einer Postkarten- Reihe. Um diese Idee umzusetzen, hat Choreographin Lina Höhne gemeinsam mit dem Grafikdesigner Bruno Jacoby, ein Format entwickelt, das, ausgehend von großen Postkarten, über Perforierungen mehrfach teilbar ist und somit bis zu fünfmal versendet werden kann. Diese Idee soll ermöglichen, trotz "social distancing", das bestehende, soziale Netzwerk einer/s Jeden nutzen zu können, zugunsten einer gemeinchaftliche Aktion und Vernetzung jenseits digitaler Strukturen. Neben der Möglichkeit der Fragmentierung der Karte, enthält sie ebenfalls Scores, welche den Körper einbeziehen. Als Motiv der Reihe dienen Bilder des Fotografen Rüdiger Breitbach, die  während der Produktion des generationsübergreifenden Tanzstückes re-member von Teresa Hoffmann und Lina Höhne entstanden sind (März  2020, kurz vor weitreichenden Einschränkungen). Die fotografischen Relikte zeugen von (noch) uneingeschränkter Nähe zwischen Körpern und Generationen und stellen neu profilierten Körperordnungen von Distanz und Individualisierung eine Erinnerung gegenüber.

 

Der Weg der Karten und Motive kann als choreografischen Prozess begriffen  werden, der sich auf zwischenmenschliche Ebene begibt und durch privaten und öffentlichen Raum hindurch partizipativ verbindend, vernetzend  und vereinzelnd wirkt ... Das Publikum ist gleichsam Sender und Empfänger der haptischen Botschaften und deren Fragmente: Bewegungen und Wege sowie Beteiligte und Agierende bleiben dabei flüchtig. Durch die Fragmentierung und Teilbarkeit der Postkarten verbleibt immer ein Teil der Reise unsichtbar, - ungreifbar.

 

„Der andere da drüben, nah in seiner Entfernung, gespannt, eingefaltet, entfaltet, verbogen, hallt in meinen Gelenken wider. Ich nehme ihn eigentlich weder mit den Augen noch mit dem Gehör noch durch Berührung wahr. Ich nehme nicht wahr, ich halle wider. Hier bin ich, gekrümmt von seiner Krümmung, geneigt nach seinem Winkel, angestoßen von seinem Schwung. Sein Tanz hat an meinem Platz begonnen.“ (Jean-Luc Nancy, Ausdehnung der Seele)

 

 

Künstlerische Leitung: Lina Höhne

Co-Creation und Design: Bruno Jacoby

Co-Creation: Kosmas Dinh

Fotos: Rüdiger Breitbach

Tänzerinnen: Teresa Hoffmann, Lina Höhne, Ume Horikoshi, Kadysha N´Diaye, Natascha Golubtsova, Clara Marie  Müller

Pforzheim / Karlsruhe / Enzkreis, Juli-Dezember 2021

 

Das Projekt wurde gefördert durch ein Stipendium des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden- Württemberg.